
Die Gynäkologie ist die Lehre der Entstehung, Erkennung, Behandlung und Verhütung von Erkrankungen des weiblichen Sexual- und Fortpflanzungstraktes. Auch in der Osteopathie spielt dieser Themenbereich eine große Rolle – manchmal erst auf den zweiten Blick.
Verwachsungen im Bauch- und Beckenbereich
Jede Erkrankung im Bauchbereich kann zu Einschränkungen oder Narbengewebe führen. Die Organe sind in ihrer Höhle dann nicht mehr frei beweglich, sondern mit anderen Strukturen verbunden. Der Körper ist dadurch gezwungen, diese Einschränkung der Beweglichkeit zu kompensieren. Wenn der Körper dies nur unzureichend kompensieren kann, oder seine Kapazitäten nachlassen, führt dies zunächst zu einem funktionellen und später zu einem strukturellen Problem.
Dies kann beispielsweise auftreten nach Operationen im Beckenbereich, Endometriose, PCOS, Fertilitätseingriffen oder Gebärmutterentfernungen. Diese nachfolgenden Verwachsungen können Komplikationen wie chronische Bauch- und Beckenschmerzen, sekundäre Unfruchtbarkeit oder ein erhöhtes Risiko für einen Darmverschluss verursachen.
Eine Studie von Sulaiman et al von 2008, konnte an anhand von Bauchverwachsungen bei Mäusen beweisen, dass zusätzliche Nervenfasern dabei wachsen. Wenn die Verwachsungen tiefgreifend sind, sind sie dementsprechend an sich schon schmerzhaft, neben den zusätzlichen Schäden die sie anrichten können.
Körperhaltung und ihr Einfluss auf das gynäkologische System
Neben möglichen Adhäsionen (Verwachsungen) hängt die Funktion der Beckenorgane stark von einer korrekten Körperhaltung und Beckenstellung ab. Viele Menschen weichen jedoch von der idealen Haltung ab, was zu kompensierten Haltungsanpassungen führt. Ein nach vorne gekipptes Becken kann die inneren Organe nach vorne drücken, was zu Kompression, Durchblutungs- und Lymphabflussstörungen sowie eingeschränkter Organbeweglichkeit führt. Dies belastet zusätzlich die Beckenbodenmuskulatur, was u.a. Harninkontinenz nach einer Geburt begünstigt. Zudem können Gelenkkompressionen Rückenschmerzen verursachen, und Organstörungen können über Reflexmuster Schmerzen, die bis in die Lendenwirbelsäule ausstrahlen, auslösen.
Fazit
Damit das weibliche Fortpflanzungssystem gut funktionieren kann, müssen sich die inneren Organe bewegen können. Nach gynäkologischen Operationen oder durch ungünstige Körperhaltungen kann es jedoch zu Verklebungen (Adhäsionen) und Bewegungseinschränkungen kommen. Osteopath:innen setzen hier mit manuellen Techniken an, um Spannungen zu lösen, die Beweglichkeit von Organen und Gewebe zu verbessern und so die natürliche Funktion zu unterstützen.
Es kann daher sinnvoll sein, bei gynäkologischen Beschwerden wie Regelschmerzen, unerklärlichen Unterbauchbeschwerden, wiederkehrenden Blasenentzündungen oder auch nach Operationen wie Kaiserschnitt oder Gebärmutterentfernung einen osteopathischen Check zusätzlich in Erwägung zu ziehen. Auch wenn ein möglicher Zusammenhang mit dem gynäkologischen System vermutet wird, kann eine osteopathische Behandlung helfen, Spannungsmuster zu erkennen und gezielt zu behandeln. So lassen sich häufig Beschwerden lindern, deren Ursprung im komplexen Zusammenspiel von Haltung, Organen und Faszien liegt.
Quelle: Sandler, S. (2024). Die Verbindung zwischen Osteopathie und Gynäkologie. Osteopathie spezial, 2024 (3), 10-15.